Der Unterschied zwischen Alltagsnerv und Beziehungszweifel.
Jede Beziehung besteht – unter anderem – aus einer Aneinanderreihung von Kompromissen, das ist klar. Kompromisse, die man gerne eingeht, weil das Zusammenleben mit dem/der Liebsten sie einfach wert sind. Auch wenn sie den Müll nie runterbringt oder er die Socken immer rumliegen lässt. Beziehungsalltag und die damit verbundenen alltäglichen Reibereien können ein Zusammensein zwar einerseits aufreiben, andererseits aber auch bestätigen und verstärken. Es hat keinen Sinn, einen Beziehungsalltag zu verleugnen, er wird immer, immer irgendwann Einzug halten und kann das Zusammensein sogar wesentlich bereichern, auch wenn es zunächst negativ klingt. Aber was ist Alltag anderes als Verlässlichkeit, Vertrautheit, Sicherheit oder Schutzraum? Zum Alltag gehört allerdings auch, sich an kleinen Macken und vermeintlichen Defiziten des Partners zu reiben. Das ist aber noch kein Beziehungszweifel. Dazu wird es erst, wenn man sich die Frage stellt, ob man sich nicht auch daran gewöhnen könnte, ohne den Partner zu leben, wenn man sich schon daran gewöhnt hat, dass er einem keine Blumen mehr mitbringt oder keine Liebeslieder mehr singt. (vgl. „You Don´t Me Flowers“). Dann wird die Lage ernst. Und dann sollte man sich mit dem Beziehungszweifel bewusst auseinandersetzen. Aber differenziert und losgelöst von den Anlässen. Dann darf es nicht mehr darum gehen, wer den Müll rausbringt, sondern darum, ob man weiter zusammenleben möchte. Dann geht es nicht mehr um Details des Alltags, sondern der Alltag an sich wird in Frage gestellt. Deswegen ist sehr wichtig, in den Auseinandersetzungen, die dann stattfinden die Auslöser ein Stück weit auszublenden und nicht mehr über herumliegende Socken, sondern über das Zusammenleben zu verhandeln. Und dabei nicht den Fehler zu machen, ein Erpressungspotential auszunutzen: „Ich drohe, ihn zu verlassen, dann wird er die Socken schon wegräumen“. Das kann zwar vielleicht kurzfristig zu einer Befriedung führen, am Ende wird es aber die Beziehung nicht retten. Denn Erpressung oder Selbstverleugnung sind keine gute Basis für ein Zusammenleben. Den anderen kann und sollte man letztlich eh nicht ändern. Aber sich selbst und damit bei ihm auch ein Bewusstsein für Verbesserungsmöglichkeiten schaffen. Das heißt nicht, dass man alle Defizite des Partners einfach so in Kauf nehmen sollte. Aber für sich selbst und im Dialog mit dem Partner klar zu unterscheiden: Wo geht es um Vordergründliches, das nervt, aber die Beziehung nicht in Frage stellt, und wo geht es wirklich ans Eingemachte, das ist eine erste Voraussetzung dafür, den Beziehungszweifel wirklich angehen und zu einer Lösung kommen zu können.
Was denken Sie? Wo ist der Punkt, an dem es nicht mehr um einen Auslöser, sondern um die Beziehung als Ganzes geht? Gibt es für Sie eine rote Linie, die einfach nicht überschritten werden darf? Hat sich das bewährt? Wir sind gespannt auf Ihre Erfahrungen.
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